Kreis RE. Über 350 Personen kamen am 3. November auf dem jüdischen Friedhof in Recklinghausen zusammen, um der Ermordung von 3.000 Juden vor 76 Jahren in Riga (Lettland) zu gedenken. Eingeladen hatten die jüdische Kultusgemeinde Kreis Recklinghausen und zahlreiche Repräsentanten des öffentlichen Lebens. Erfreulich: Viele Bürgerinnen und Bürger aus dem gesamten Kreis nahmen teil, um ein Zeichen der Verbundenheit zu setzen.
Vorsitzender Dr. Mark Gutkin eröffnete die Gedenkveranstaltung und erinnerte an den 3. November 1943. An diesem Tag waren 3.000 Juden in Riga ermordet worden, darunter 300 Kinder. Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die zuvor aus dem Kreis Recklinghausen und angrenzenden Ruhrgebietsstädten nach Riga deportiert worden waren.
Nach der Rede von Landrat Süberkrüb (er zitierte u.a. das Gedicht von Simon Pearce „Bei Hitlers brennt noch Licht“) erzählte der letzte Überlebende des Transportes, der Marler Rolf Abrahamson, aus seiner Lebensgeschichte. Es war mucksmäuschenstill, als der mittlerweile 94jährige Vestische Ehrenbürger Rolf Abrahamson über die dramatischen Erlebnisse und Wendungen in seinem Leben sprach. Die Vertreibung aus dem Haus in der Loestraße in Marl im Jahr 1938, die anschließende Flucht von Vater und Bruder nach Belgien, die Ausreisekosten von 2.000 Reichsmark (pro Person), die traumatische Entscheidung über die Trennung von der Mutter und letztendlich die ungeheuerliche Erkenntnis, dass kein Familienangehöriger überlebt hatte.
Olaf Kröck, Intendant der Ruhrfestspiele, dankte Rolf Abrahamson dafür, dass er über viele Jahre in Schulen und bei öffentlichen Veranstaltungen durch seine persönlichen Geschichten als Zeitzeuge des Holocaust unzählige Menschen tief beeindruckt habe und die Botschaft „Das darf nie wieder passieren“ in den Menschen wach halte. Am Beispiel des Liedes „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“, (Franz Josef Degenhardt, 1965) und von Texten des Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch verdeutlichte Kröck, wie auf schleichendem Weg Ausgrenzung und Stigmatisierung schon wieder begonnen hätten und wir uns dagegen zur Wehr setzen müssten. „Wir stehen hier auch, um Verantwortung zu übernehmen für unsere Gegenwart“, so Kröck.
Im Gedenken an die 3000 Opfer von Riga hatte der CDU-Kreisvorstand entschieden, einen Kranz niederzulegen. Ulrich Hempel aus Recklinghausen und Ludger Finke aus Waltrop legten den Kranz stellvertretend für die Politik im Kreis nieder.
Michael Breilmann, CDU-Kreisvorsitzender: „Wir dürfen nie vergessen, was geschehen ist und dürfen niemals mehr zulassen, dass so etwas nur ansatzweise erneut geschehen könnte. In Zeiten wie diesen, in denen rechte Kräfte wieder an Bedeutung gewinnen, ist das Setzen eines Zeichens gegen jegliche Art der Diskriminierung, des Fremdenhasses und des Antisemitismus wichtiger denn je.“